Alle Pläne Makulatur

Es ist erst wenige Monate her, da haben sich viele den noch leeren Terminkalender oder die entsprechende elektronische Variante vorgenommen und haben Woche für Woche Termine eingetragen. Vieles ist da zusammengekommen, der Kalender war am Ende ziemlich gut gefüllt. Jede Menge dienstliche Termine. Termine am Arbeitsort, aber auch außerhalb. Man würde des Öfteren unterwegs sein. Alles genau überlegt und im Detail abgestimmt. Je besser man plant, desto effektiver ist man. Keine Zeit vergeudet, die Dinge hundertprozentig optimiert. Eigentlich ein Grund, ein wenig stolz darauf zu sein.

Dazwischen dann jeweils einige Lücken für den Urlaub. Auch hier hat man rechtzeitig alles geplant und an alles gedacht. Die schöne Ferienwohnung in der ruhigen Straße, die so schwer zu bekommen ist, beizeiten gemietet. Vielleicht Tickets bei der Bahn gekauft, da man sonst keine Plätze mehr in dem Zug bekommt, der direkt in die Urlaubsregion fährt. Oder einen Termin bei der Autowerkstatt für den Urlaubs-Check gemacht. Damit nicht unterwegs etwas passiert. Am Urlaubsort wollte man dann einiges unternehmen. Über das Internet oder über Reiseführer hatte man sich gut informiert. Die Vorfreude war groß.

Und dann kam die Corona-Pandemie. Dienstliche Termine müssen abgesagt werden, Projekte können nicht entwickelt werden, Vorhaben einfach gecancelt. Die Maschinerie läuft nicht weiter wie geplant. Und auch aus dem Urlaub wird nichts. Die ganze Region ist für Touristen geschlossen. Man versucht noch, das Quartier zu stornieren. Alle Pläne – einfach Makulatur. Die Zukunft – einfach offen. Schwer zu akzeptieren.

Mir ist in diesem Zusammenhang eine Stelle aus dem Jakobusbrief im Neuen Testament wieder eingefallen. Dort schreibt der Verfasser, der diese Zeilen wahrscheinlich um das Jahr 70 oder 80 n. Chr. im syrischen Raum geschrieben hat (Jak 4,13-15):

„Wohlan nun, die ihr sagt: Heute oder morgen wollen wir in die oder die Stadt gehen und wollen ein Jahr dort zubringen und Handel treiben und Gewinn machen -, und wisst nicht, was morgen sein wird. … Dagegen solltet ihr sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun.“

Hier wird daran erinnert, dass man nicht Herr über die Zukunft ist. Dass wir sie nicht im Griff haben. Dass die Zukunft offen ist. Dass sie in Gottes Hand liegt. Im normalen Alltagsgeschäft geht das unter. Immer wieder. In unserer durchgetakteten und durchorganisierten Welt, in der man die Dinge zu beherrschen glaubt, ganz besonders. Diese Lektion müssen wir anscheinend im Moment wieder lernen. Und es fällt richtig schwer.

Dr. Dietrich Knapp, Ev. Stadtakademie

Ein Kommentar

  1. Ruth Yael Tutzinger

    Lieber Herr Dr. Knapp, seit meiner Erkrankung, das Alter kommt noch hinzu, übe ich daran, meine Pläne abzugeben. Sie wissen, dass wir sagen: be’esrat HaSchem.
    Es fällt mir jeden Tag noch schwer und ich bitte täglich, IHN, um den nötigen Humor. Irgendwann werden wir es schaffen.
    Herzlich, Ihre Ruth Yael Tutzinger

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