Morgen ist ein besonderer Tag. In Frankreich ist es der national gefeierte „Tag der Befreiung“, ein schul- und arbeitsfreier Tag für die meisten Franzosen. Neuerdings gibt es in Deutschland Bestrebungen, diesen Tag zum bundesweiten Feiertag zu machen.
(https://www.stern.de/politik/8–mai-ein-feiertag–untersuetzung-fuer… ).
Auch im Blick auf unsere Verfassung, die wir liebevoll „Grundgesetz“ nennen, ist der 8. Mai ein besonderes Datum; das könnten wir dann gleich einmal mit bedenken, begehen, feiern.
Der erste, der den Tag der Unterzeichnung der Bedingungslosen Kapitulation vom 8. Mai 1945 in Deutschland einen „Tag der Befreiung“ nannte, war Richard von Weizsäcker bei seiner berühmten Rede im Bundestag 1985.
Ich habe eine persönliche „Shortlist“ von Büchern, Teilen aus Büchern, Gedichten und natürlich Bibeltexten, die ich mir vorgenommen habe, einmal jährlich wieder zu lesen. Natürlich tue ich das nicht oder nur ganz unvollständig. Aber dadurch wird meine Liste nicht sinnlos.
Die Rede vom 8.5.1985 steht drauf, und dieses Jahr habe ich sie zweimal gelesen und dazu passend gestern den Film „Rosen für den Staatsanwalt“ mit Walter Giller wieder einmal im Fernsehen gesehen.(https://de.wikipedia.org/wiki/Rosen_für_den_Staatsanwalt)
Weizsäckers Rede ist in einem berührenden Sinne schön und spricht Wahrheit. Sie gilt als eine der wichtigsten Reden, die in Deutschland je gehalten wurden. (https://sz.de/1.2329266)
Sie bedeutete damals vor 35 Jahren, 40 Jahre nach Kriegsende eine Wende in der Haltung der deutschen Bevölkerung zum Ende des Krieges. Nicht mehr das Gefühl der Niederlage und die Scham über die begangenen Gräueltaten war ab da das Bestimmende, sondern es gab erstmals eine neue Lesart des Datums: Befreiung.
Der theologische Begriff dafür ist Erlösung. Und auch dieser Begriff kommt in Weizsäckers Rede vor: „Das Vergessenwollen verlängert das Exil, und das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung.“ Mit dieser jüdischen Weisheit empfiehlt er uns Deutschen, durch ehrliches Erinnern das Geschehene „zu einem Teil des eigenen Innern“ werden zu lassen. Er benennt die Opfer, für die die Nationalsozialisten, aber auch die Zivilgesellschaft verantwortlich waren. Das ist der am schwersten zu hörende Teil der Rede, die aber an keiner Stelle pathetisch wird. „Wer seine Ohren und Augen aufmachte, wer sich informieren wollte, dem konnte nicht entgehen, dass Deportationszüge rollten.“
Vor 35 Jahren hat Weizsäckers Rede eine damals neue, andere, eine empathische Annäherung an das schwere Thema Aufarbeitung der NS-Zeit angestoßen. Wir sind noch lange nicht fertig damit. Antisemitische Straftaten haben 2019 einen traurigen Höchststand erreicht (https://www.tagesspiegel.de/politik/antisemitische-kriminalitaet-hoechststand-bei…).
Vielleicht steht diese Rede schon lange auf Ihrer persönlichen Liste der Texte, die die Welt – und in diesem Fall unser Land – am nötigsten braucht und ich trage hier nur Eulen nach Athen. Aber vielleicht haben Sie diese Liste nur im Kopf und noch nicht aufgeschrieben.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir Vorschläge machen für meine/unsere Liste der Texte, ohne deren Relektüre kein Jahr vergehen sollte: gabriela.koester@evdus.de.
Darum möchte ich dazu ermuntern, die Rede dieses Jahr wieder einmal zu lesen bzw. zu sehen und hören (siehe den Link oben, der nicht nur zum Text, sondern zu einer Video-Aufzeichnung aus dem Bundestag führt).
Wer sind die Opfer unserer Tage? Unserer Tage mit und ohne Corona? Wo wohnen sie? Wo und was arbeiten sie oder beides leider nicht? Unter welchen Bedingungen leben sie? Welchen Nöten und Gefährdungen sind sie ausgesetzt? Die Frauen, die Kinder, die Männer, die Jüdinnen und Juden, die Muslima und Muslime, die Menschen mit Behinderung, die in den viel zu kleinen Wohnungen, den Krankenhäusern, den Pflegeheimen, in den Flüchtlingslagern, die Sympathischen und die Unsympathischen.
Dr. Gabriela Köster, Ev. Stadtakademie
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