Im Oktober 1520 war Aachen für einige Tage Mittelpunkt der Welt, des „Reiches in dem die Sonne nie untergeht“. Dabei war gar nicht sicher, ob Karl V. sich nach seiner Wahl zum König und als „erwählter römischer Kaiser“ wirklich auf den Thron seines großen Namensvetters setzen würde. In Aachen grassierte nämlich 1520 eine Seuche: die Pest.
Während 500 Jahre später alle Gedenkveranstaltungen an dieses Ereignis wegen einer anderen Seuche tatsächlich ausfallen mussten, war die Pest anno 1520 gerade noch rechtzeitig abgeklungen, sodass Karl V. bereit war zu seiner Krönung aus den Niederlanden anzureisen.
Die Vorgeschichte
Der Prinz Karl wurden 1500 in Gent geboren. Sein Vater war Herzog von Burgund. Seine Mutter Thronerbin in Spanien. Als ältester männlicher Nachkomme im Hause Habsburg fielen ihm diese beiden Reiche durch Erbschaft zu. Weil sein Vater früh gestorben war, wurde er mit 15 für mündig erklärt, und übernahm von seiner Tante Margarete als Herzog von Burgund die erste Herrscherrolle. Um das Erbe in Spanien musste er mit seinem jüngeren Bruder Ferdinand ringen. Er konnte ihn aber mit dem Versprechen zufrieden stellen, in seinem Reich eine besondere Rolle zu bekommen. So war Karl im Jahr 1519, als sein Großvater Maximilian I. starb, schon ein bedeutender Herrscher in Europa. Maximilian hatte ihn auch als seinen Nachfolger vorgesehen. Für die sieben Kurfürsten, die den neuen König und Kaiser im Reich zu wählen hatten, stand das aber noch lange nicht fest.
Wahlkampf und Wahl
Es gab neben Karl noch andere Bewerber, vor allem den französischen König Franz I., wie Karl noch sehr jung, und einen alten Herrn, nämlich Kurfürst Friedrich den Weisen aus Kursachsen. Franz wollte vor allem verhindern, dass sein Frankreich zwischen Burgund im Norden und Spanien im Süden eingezwängt würde. Für Friedrich sprach, dass er zu den deutschen Fürsten gehörte und über große Erfahrung verfügte. Als Friedrich unter anderem wegen seines Alters seine Kandidatur zurückzog, blieben nur die beiden „Ausländer“ übrig, der Franzose und der Burgunder oder Spanier, die beide kein Deutsch konnten. Jeder versuchte nun die Kurfürsten mit Versprechungen und Geldzahlungen für sich zu gewinnen. Karl war mit dem Augsburger Bankhaus Fugger im Bunde, das schon seinem Großvater Maximilian in seinen ständigen Finanznöten Kredite gewährt hatte. Der Reichtum Spaniens durch seine Besitzungen in Übersee bot für die Fugger genügend Sicherheit, um die 850.000 Gulden bereitzustellen, die Karl an die Kurfürsten zahlte. Das war weit mehr als Franz bieten konnte. Als Friedrich der Weise seine Stimme für Karl abgab, wurde er schließlich einstimmig zu König und erwählten Kaiser gewählt.
Krönung in Aachen
Mit seiner Wahl war Karl nun Herrscher über das Heilige Römische Reich mit Österreich und Ungarn, über Burgund und über Spanien mit seinen „indischen“ Besitzungen in Mittel- und Südamerika. Sein großes Vorbild war Karl der Große.
Wie alle Kaiser vor ihm wollte er in der Marienkirche Karls in Aachen gekrönt werden und auf dem Thron des großen Vorbildes Platz nehmen. Bei seiner Wahl weilte Karl V. noch in Spanien. Auf dem Weg nach Aachen machte er zunächst noch einmal Station im England Heinrichs VIII. , um sich der Unterstützung gegen Franz von Frankreich zu versichern. Dabei verlobte er sich mit der erst vierjährigen Tochter Heinrichs, Mary. In den burgundischen Niederlanden ließ er sich als Herrscher feiern. Wegen der Pest verschob er seine Anreise zweimal, bis er endlich am 22. Oktober vor Aachen eintraf. Große Volksmassen war man in Aachen wegen der Heiligtumsfahrt alle sieben Jahre gewohnt, aber diesmal übertraf der Rummel alles bisher dagewesene. Um seine deutsche Herkunft zu betonen, erschien der Kaiser in der Kleidung eines österreichischen Erzherzogs. Die Krönung nahm der Erzbischof von Köln, Hermann von Wied vor, einer der drei geistlichen Kurfürsten . Eine Abordnung aus Nürnberg brachte die Reichsinsignien nach Aachen. Der Maler Albrecht Dürer war Mitglied dieser Delegation. Er kam aber aus Antwerpen und hielt sich schon einige Tage als Gast des Bürgermeisters in Aachen auf. Wegen des Gedränges von Honoratioren konnte er nicht zu Karl vordringen. Die Gelegenheit, sein Anliegen, nämlich die Fortzahlung seiner Rente, die Maximilian I. ihm zuerkannt hatte, dem Kaiser vorzutragen, ergab sich für Dürer erst später in Köln. Über die Krönung und das anschließende Krönungmahl schreibt Dürer in seinem Tagebuch: Am 23. Tag des October hat man König Karl zu Aachen gekrönt. Da sah man alle köstliche Herrlichkeit, dergleichen keiner, der mit uns lebt, etwas Prächtigeres gesehen hat.
Regierungsantritt
Vor seiner Wahl hatte Karl in der Wahlkapitulation von 33 Artikeln den Kurfürsten Zusagen für seine Regierungszeit machen müssen, z. B. dass Deutsch oder Latein im Reich Amtssprachen sein sollten. Die Kurfürsten waren sehr auf ihre Rechte gegenüber dem Kaiser bedacht und legten Wert darauf, dass weder Burgund noch Spanien vor dem deutschen Reich vorgezogen wurden. Die ersten Wochen seiner Regentschaft hielt sich Karl in Köln auf. Von dort aus begab er sich per Schiff über den Rhein nach Worms, wo im Frühjahr 1521 der erste Reichstag stattfinden sollte. Karl nutzte die Zeit dort, um Regelungen zu treffen, wie er sein Riesenreich zusammenhalten wollte. So löste er sein Versprechen ein, seinem Bruder Ferdinand eine führende Rolle zu zu weisen: Ferdinand wurde zuständig für die deutschen Lande des Hauses Habsburg.
……Und dann war da auch noch die Causa Lutheri.
alle Fotos gemeinfrei