Eine Fundgrube für neuen Lesestoff ist wieder zugänglich
Wer sich mit dem Lesen angefreundet hat, kann dieser schönen Tätigkeit ganzjährig nachgehen. Und dennoch gilt in besonderem Maße: Herbstzeit ist Lesezeit. Was gibt es Schöneres als den immer kürzer werdenden Sonnenzeiten die Leseleuchte des bevorzugten Lesesessels entgegenzusetzen?
Was aber möchte man lesen? Die immer gleichen Lieblingsautoren? Die neuesten Neuerscheinungen der Buchmesse? Die geheimsten Geheimtipps der öffentlichen Buchempfehler? Eine großartige Inspirationsquelle in Sachen Literaturnachschub ist endlich wieder zugänglich. In der Reihe Die andere Bibliothek war vor rund 20 Jahren ein „Roman-Verführer“ erschienen, der sehr bald vergriffen war, nun aber endlich in einer Neuausgabe wieder zu haben ist:
Rolf Vollmann: Die wunderbaren Falschmünzer. Ein Roman-Verführer.Erster Band:1800 bis 1875; zweiter Band: 1876 bis 1930
Und wenn nun in einem Band zusammen gebunden ist, was früher auf zwei verteilt war, dann kommt es eben vor, dass man es mit insgesamt 1.082 Seiten zu tun hat. Rund 300 Autoren werden präsentiert und mehr als 1.000 chronologisch sortierte Romane aus allen europäischen und amerikanischen Literaturen. Wer hier keine Anregung für seine nächste Lektüre findet, muss sich seinen Lesestoff vielleicht selber schreiben.
Sehr hilfreich zur Orientierung in dieser Sammlung gebündelter Hinweise sind die drei Register. Nicht nur alle Autoren sind in alphabetischer Folge (samt der vorgestellten Bücher mit Angabe des Umfangs) auf einen Blick zugänglich. Für ein zweites Register werden als Ordnungskriterium die Erscheinungsjahre, für das dritte die Geburtsjahre der Autoren zu Grunde gelegt.
Was dieses Buch aber vor allem von anderen Romanführern unterscheidet, ist die Berechtigung, mit der es den Untertitel ein Roman-Verführer trägt. Nicht um eine gelehrte Archivierung geht es Vollmann, sondern die Faszination, die seine Leseerlebnisse auf ihn ausgeübt haben, möchte er teilen. Und das gelingt ihm. Seine Art, Romane nicht nüchtern darzustellen, sondern so von Ihnen zu erzählen, dass seine eigene Lesefreude spürbar wird, überzeugt. Auch dass er seine eigenen durch die Lektüre angeregten Reflexionen mitteilt, inspiriert zum Lesen.
Rolf Vollmann, Jahrgang 1934 geboren, ist Literaturinteressierten vielleicht auch bekannt durch seinen Essay über Jean Paul (Das Tolle neben dem Schönen), sein Buch über Nietzsche (Winter-Wanderschaft) oder „Shakespeares Arche“. Letzteres ist ebenfalls in der Anderen Bibliothek erschienen.
Die Andere Bibliothek ist bekanntlich selbst eine ständige Inspirationsquelle für diejenigen, die auf der Suche nach ungewöhnlich Büchern sind. Von den jüngeren Bänden sei exemplarisch genannt: Der Königsspiegel. Fahrten und Leben der alten Norweger, aufgezeichnet im 13. Jahrhundert. Aus dem Altnorwegischen und mit einem Nachwort von Rudolf Meissner und mit einer Einleitung von Sverre Bagge.
Dieses Erziehungsbuch, verfasst Mitte des 13. Jahrhunderts, schildert nicht nur die höfische Gesellschaft Norwegens und ihre Erziehungsideale, sondern der leider unbekannt gebliebene norwegische Autor gewährt Einblicke in seine Kenntnis ganz Skandinaviens. Aber auch die Gegebenheiten in Irland, Island und Grönland werden geschildert. Und da auch die beruflichen Anforderungen und Herausforderungen der Kaufleute und Seefahrer ein Thema sind, darf sich die Leserin nicht nur nebenbei über die Wirklichkeit der Seefahrt inklusive Seeungeheuern, Walen und den faszinierenden Nordlichtern unterrichtet fühlen.
Was soll man da machen? Lesen, lesen, lesen!