„Theologie ist spannender als ein Krimi“

Leiter der Evangelischen Stadtakademie, Dr. Dietrich Knapp, geht im Februar 2022 in den Ruhestand.
Dr Dietrich Knapp
Dr. Dietrich Knapp
Foto: Sergej Lepke

Ein Interview von Ulrike Karpa, Pressestelle, Evangelischer Kirchenkreis Düsseldorf mit Dr. Knapp

Düsseldorf (evdus). Die Evangelische Stadtakademie hat einen festen Platz unter den Bildungsträgern in Düsseldorf. Sie ist seit über 50 Jahren ein offenes Forum für die Auseinandersetzung mit Themenbereichen der Theologie an der Grenze zu den Naturwissenschaften, Philosophie, Religionswissenschaften, Psychologie, Politik, Kunst und Kultur. Pfarrer Dr. Dietrich Knapp hat fast 30 Jahre an der Stadtakademie im Haus der Kirche an der Bastionstraße in Düsseldorf gearbeitet, davon 20 Jahre als Leiter. Jetzt im Februar geht er in den Ruhestand.

„Die Stadtakademie ist eine Mischung aus Kontinuität und ständigem Wandel“, sagt Knapp. Bei der Themenauswahl für das Halbjahresprogramm steht immer die Frage nach aktuellen Entwicklungen in Wissenschaft und Gesellschaft im Mittelpunkt. „Meine Regel lautet: ein Buch, das ich in eine Diskussion einbringe, darf höchstens fünf Jahre alt sein“, sagt der Akademieleiter.

Steckenpferd ist die Bibelforschung
Dietrich Knapps persönliches Interesse gilt vor allem der religionswissenschaftlichen Forschung und der biblischen Archäologie. Im alten Israel habe man in der Frühzeit noch mehrere Götter angebetet und sich dann allmählich im 6. Jahrhundert zum Glauben an den einen allumfassenden Gott durchgerungen. Das belegen Bibeltexte und archäologische Funde. Und was sagt die Forschung zum historischen Jesus von Nazareth? Gibt es historische oder archäologische Beweise für die Existenz des Menschen Jesu? Solche Fragenstellungen begeistern den Theologen Knapp:

„Theologie ist spannender als ein Krimi, denn es kommt immer wieder etwas Neues ans Licht. Die rasanten Veränderungen der letzten 30 Jahre in der Bibelforschung wollte ich abbilden und den Teilnehmenden unserer Kurse nahebringen“, sagt Knapp. Und das ist gelungen. Gestern wie heute besuchen Menschen – darunter auch Atheisten und Agnostiker – die Stadtakademie, die sich nicht mit kurzen Ausführungen zufriedengeben und einem Thema auf den Grund gehen wollen.

Gern schaut Dietrich Knapp auch auf die Hebräisch-Seminare zurück, die er über viele Jahre in der Stadtakademie gegeben hat. „Wir haben sehr intensiv an hebräischen Texten gearbeitet und dabei immer wieder gespürt: Man kann dem Geheimnis Gottes auch im Prozess des Nachdenkens sehr nah kommen, nicht nur in der Kirche im Gottesdienst und in der Meditation“, sagt Knapp.

Stadtakademie ist an vielen Orten in der Stadt

Zu den Verdiensten des 65-Jährigen zählt die Kooperation mit unzähligen Institutionen in der Landeshauptstadt, darunter die Heine-Universität, das Heine-Institut, die Mahn-und Gedenkstätte, die Volkshochschule und das ASG-Bildungsforum. Bündnispartner seit 30 Jahren ist die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Düsseldorf. Durch dieses Networking ist es immer wieder gelungen, namhafte Referierende für Vorträge und Symposien in Düsseldorf zu gewinnen und ein breites Publikum anzusprechen. Neben dem Schauspieler Michael Degen, bekannt aus der ARD-Krimiserie „Donna Leon“, und dem berühmten Historiker Michael Wolffsohn waren auch der ehemalige Bundespräsident Norbert Lammert und Christian Sievers vom ZDF-Heute Journal zu Gast in der Stadtakademie.

Die Begegnung mit dem 2014 verstorbenen deutschen Physiker Hans-Peter Dürr, der Mitglied des Direktoriums am Max-Planck-Institut für Physik war und den alternativen Nobelpreis bekam, war für den Akademieleiter ein Highlight. „Es ging bei seinem Vortrag um die Frage, ob man die Zukunft berechnen kann. Er brachte dazu ein Doppelpendel mit als Symbol dafür, dass die Zukunft offen ist und man sie mit keiner Methode berechnen kann. Er war eine faszinierende Persönlichkeit, die sich als Physiker auch mit der Philosophie beschäftigt hat.“

Von der Schreibmaschine zum Online-Seminar
Das Alleinstellungsmerkmal der Stadtakademie in Düsseldorf beschreibt Dietrich Knapp so: „Das Herz ist für uns die Theologie und um die Theologie gruppieren sich die anderen Wissenschaften. Wir bemühen uns um ein persönliches Verhältnis zu den Teilnehmenden, das bei Bedarf auch einmal ein seelsorgliches Gespräch einschließt“.

Vor fast 30 Jahren arbeitete das Team der Stadtakademie noch mit einer Kugelkopfschreibmaschine. Heute finden die Kurse und Veranstaltungen in Präsenz, online und hybrid statt. Eine digitale Revolution, mit der Knapp Schritt gehalten und sie vorangetrieben hat.

Nach seinen Plänen für den Ruhestand gefragt, lautet die Antwort: „Mein Leben war in den letzten Jahren so getaktet, dass ich mich jetzt freue, keine festen Termine zu haben. Ich lasse die Dinge auf mich zukommen. Die Freiheit nehme ich mir“.

Das Halbjahresprogramm der Stadtakademie ist im Haus der Kirche, Bastionstraße 6, Carlstadt, zu bekommen und unter 0211.957 57 746, www.estadus.info.

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