Virtuelle Geisterspiele beim diesjährigen KDDM-Cup

Dr. Uwe Gerrens
von Dr. Uwe Gerrens

Wir treffen unseren Studienleiter Dr. Uwe Gerrens in seiner Wuppertaler Wohnung an. Schlecht rasiert hängt er schlaff über den Stuhl seines Arbeitszimmers. „Das ist ja nett, dass Sie für dieses Interview vorbeikommen“, begrüßt er uns, „immer nur home-office funktioniert zwar ausgezeichnet, weil meine Kinder auswärts studieren, aber die Sozialkontakte liegen brach und die Menschen aus der Stadtakademie und dem interreligiösen Dialog fehlen mir auch. Schön, dass sie da sind“. Herr Gerrens wirkt unstrukturiert und fahrig, sein Gesicht leicht verändert, eine neue Brille.    

Herr Gerrens, wird es dieses Jahr an Fronleichnam wieder das beliebte Fußballspiel Pfarrerinnen und -pfarrer gegen Imame unter der Aufsicht eines jüdischen Schiedsrichters geben?

Ja selbstverständlich. Gemeinsam mit unseren Partnern, dem Kreis der Düsseldorfer Muslime (KDDM) und der jüdischen Gemeinde mussten wir allerdings überlegen, in welcher Form wir das angesichts Infektionsgefahren seit der Corona-Krise durchziehen können. Dazu haben wir, inspiriert durch den Deutschen Fußballbund, ein Hygiene-Konzept erarbeitet.   

Bloq6Gerrens Anfang.jpg

Die Bundesliga veranstaltet Geisterspieler ohne Zuschauer.

Eben. Diese Maßnahme schützt die Zuschauerinnen und Zuschauer vor einer Ansteckung im Stadion. Wer das Spiel sehen möchte, erwirbt ein Abonnement des Fernsehsenders „Sky“. Wer sich das nicht leisten kann oder will, geht in eine überfüllte Kneipe.

Ein in sich schlüssiges Konzept, das auch Aerosolen eine Chance lässt. Werden Sie es genauso handhaben?

Zunächst hatten wir das vor. Wir konnten uns allerdings mit Sky nicht auf einen fairen Preis für die Übertragungsrechte einigen.

Spitzenspiele müssen angemessen bezahlt werden.

Eben, aber den Fernsehsendern geht es ökonomisch schlecht. Die können sich neben der Bundesliga kein weiteres kostenpflichtiges Großereignis mehr leisten.   

Deshalb warten Sie jetzt auf Unterstützung ihres Spiels durch das Konjunkturpaket der Bundesregierung?

Zurzeit verteilt die Bundesregierung mehrere hundert Milliarden Euro. Auch wir sind systemrelevant. Als einer der führenden Anbieter lokaler emissionsfreier interreligiöser Sportveranstaltungen dürfen wir nicht unberücksichtigt bleiben. 

Auch als Kirche stünden sie sonst vor der völligen Katastrophe?

Absolut. Und zwar schon fast 2000 Jahre. So lange hätte kein deutscher PKW-Hersteller durchgehalten. Jetzt sind wir dran.

Aber das große Paket, mit dem die Konjunktur angekurbelt werden soll, wird bis Fronleichnam noch nicht zur Auszahlung kommen.  

Unser CEO hat uns gebrieft, dass unser Business-Model bisher nicht die erhoffte Performance  erbracht hat. Auch das Relaunch ist suboptimal verlaufen, doch haben wir das jetzt auf Prio 1 gesetzt und unseren Berliner Lobbyisten angewiesen, zeitnah einen Slot bei dem zuständigen Beamten für eine change request zu erbitten. Wir stellen uns den aktuellen Herausforderungen, nutzen die Krise proaktiv als Chance zur Digitalisierung der ganzen Branche und setzen verborgene Innovationspotentiale frei. Bis zur Freigabe des Zukunfts- und Innovationsfonds durch die Bundesregierung wollen wir die geplanten virtuellen Geisterspiele aus Bordmitteln bestreiten.  

Virtuelle Geisterspiele – wie soll das technisch funktionieren?  

Wahrscheinlich sorgen Sie sich vor etwaigen Fehlern beim Parsen ungültiger Header von Real-Media-Dateien, die einen Integer-Overflow auslösen könnten mit der Folge eines Heap-basierten Overflow? Dieses Problem haben wir natürlich im Griff. Zielte Ihre Frage darauf?

Ja wahrscheinlich, glauben wir jedenfalls, vielleicht, so ungefähr in dieser Richtung. Uns ging es allerdings weniger um technische Details, als um die Frage, wie wir uns ein virtuelles Geisterspiel praktisch vorzustellen haben.   

Bei herkömmlichen Geisterspielen, wie jetzt in der Bundesliga, treten analoge Fußballspieler in einem analogen Stadion analog gegeneinander an, nur die Zuschauerinnen und Zuschauer werden digital connected. Unserer Überzeugung nach, handelt es sich um eine halbherzige Mischform. Wir digitalisieren jetzt konsequent und fordern neben den Zuschauerinnen und Zuschauern auch die Spielerinnen und Spieler auf, zu Hause zu bleiben. Wir haben das Hygienekonzept von den Firmen Kaspersky, Norman, Avira und Panda überprüfen lassen. Die Experten haben erklärt, dass Fußballspiele ohne analoge Spielerinnen und Spieler sich derart ereignisarm entwickeln, dass man ohne Videostream auskommt und bloß noch ein Standbild vom Fußball ins Netz stellen muss. So bleiben PC und Analogzuschauer virenfrei.

Und der Schiedsrichter?

Der bekommt einen Videoassistenten mit dem Standbild und entscheidet zeitnah, was er sieht.

Wie kommt Dynamik ins Spiel?

Wer allein auf die Ballgeschwindkeit sieht, ist immer noch in der analogen Denke befangen. Die neue virtuelle Fußballtaktik verlangt, dass die Spielerinnen und Spieler den Ball mental ins gegnerische Tor befördern. Wie wir alle aus den Interviews zahlreicher Spieler beim Analogfußball wissen, findet das Wesentliche immer im Kopf statt. Wer wirklich gewinnen will, gewinnt auch, und wer verliert, hat mental die falsche Einstellung gehabt. Unsere Motivationstrainer arbeiten daran, Pfarrerinnen und Pfarrern neurolinguistisch so zu programmieren, dass sie auch bei digitalen Spielen Entschlossenheit, Leistungsbereitschaft und Siegesmut zeigen. Doch auch die Zuschauerinnen und Zuschauer müssen bereit sein, umzudenken. Wenn Sie am Donnerstag, 11. Juni um 16 Uhr beim Anschauen des Standbildes auf dem heimischen Computer ihre Mannschaft lautstark brüllend anfeuern, wird das die Stimmung im ganzen Haus verändern. Wenn Sie dazu auch noch die Fenster öffnen (regelmäßiges Lüften ist wichtig), kann die ganze Straße etwas davon haben.   

Und das funktioniert, den Ball motivational zu befeuern? Wie ist die Mannschaft der Pfarrerinnen und Pfarrer aufgestellt?

Unser Trainingszustand ist ausgezeichnet. Es gibt gewisse Konditionsschwächen, aber die Rolle der physischen Konstitution wird beim mentalen Fußball im virtuellen Raum überschätzt. Unsere Verteidigung und unser Torwart arbeiten perfekt. Wir bilden eine massive Mentalmauer, an der sich die Imame ihre virtuellen Zähne ausbeißen werden. Optimierungspotentiale bieten unser Mittelfeld und unser Sturm. Für Tiki-Taka-Fußball bleibt die Ballgeschwindigkeit gering. Uns fehlt es an der Aggressivität im Angriff und auch bei der Chancenverwertung zeigen wir Schwächen. Deshalb dürfen wir nicht den Fehler machen, die Verteidigungsbereitschaft der Imame zu unterschätzen.  

Ihre Prognose für Fronleichnam?

0 : 0 nach Verlängerung und Elfmeterschießen.  

Für wen?

Für uns natürlich. Für meine persönliche Torbilanz wäre dieses Ergebnis ärgerlich, aber meine Mannschaft wird sich sicherlich freuen.   

Wieso freut sich Ihre Mannschaft, wenn Sie keine Tore schießen?

Bisher habe ich nur einmal ein Tor geschossen, im Jahr 2017. Leider handelte es sich um ein Eigentor.

BLOQ6Schluss Gerrens(2).jpg

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert